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PEACE OF MIND – European Hardcore on the Rise

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PEACE OF MIND ist eine vierköpfige Hardcore-Band aus Erfurt/Deutschland, bestehend aus Louis Wittmann (Vocals), David Stolzmann (Guitars), Patrick Stolzmann (Bass) und Patrick Eichhorn (Drums). Seit ihrer Gründung im Jahr 2015 hat die Truppe in nur zehn Jahren fast 300 Konzerte in Europa, Großbritannien und den USA gespielt – und steht 2025 auch auf dem Billing des Summer Breeze Open Air. Mit vier bisherigen Tonträgern, Touren an der Seite von Hardcore-Schwergewichten wie TERROR und SPEED und ihrem kompromisslosen Live-Sound hat sich die Band fest in der Szene etabliert. Am 5. September erscheint nun ihr zweites Album “Blood Is The Price”. Über das neue Werk, zehn Jahre Bandgeschichte und die Bedeutung von “Mideast Blood Hardcore” habe ich mit Sänger Louis Wittmann gesprochen.

Hey Louis! Erstmal: Glückwunsch zum anstehenden Release von “Blood Is The Price”! Ihr habt mittlerweile knapp 300 Shows gezockt – in Europa, UK und den USA – und kommt jetzt mit einem neuen Album zurück. Was bedeutet euch diese Platte persönlich – nach all den Jahren Bandgeschichte?

Louis Wittmann: Yoo, vielen lieben Dank erstmal dafür, Tobi! “Blood Is The Price” hat uns wirklich einiges an Schaffenskraft und Nerven gekostet, und genau deswegen freuen wir uns umso mehr, das Ding endlich mit der Welt zu teilen. Nach zehn Jahren haben wir das Gefühl, unseren Sound wirklich gefunden zu haben – das hört man auf der Platte und spüren die Zuhörer – so denke ich zumindest – live ebenfalls. Besonders ist auch, dass es die erste Platte ist, bei der unser Drummer Paddi komplett mit am Start war. Unser ehemaliger Schlagzeuger Maik hat 2023 die Band verlassen, um seinen Traum als Tätowierer zu leben. Für uns ist dieses Album also nicht nur ein musikalischer Meilenstein, sondern markiert auch ein wenig eine Neuausrichtung und einen Kapitelwechsel in der Bandgeschichte.

Bevor wir weitermachen: Möchtest du dich und deine Band vorstellen für alle, die euch noch nicht kennen?

Louis Wittmann: Ich bin Louis und seit mittlerweile zehn Jahren am Mikrofon. Wir haben uns ursprünglich in Sonneberg gegründet, aber mittlerweile wohnen drei von uns vier in Erfurt – deshalb lassen wir uns auf den Flyern auch aus Erfurt “ankündigen”. Musikalisch gibt es Hardcore im Vibe der 90er und 2000er auf die Ohren. Neben der Musik ist uns unsere “Szene” extrem wichtig. Wir organisieren in Erfurt selbst Shows (Metal Gulasch & MIDEAST BLOOD HARDCORE FEST), um die Community am Leben zu halten und diesen Spirit weiterzutragen. Für uns ist Hardcore nicht nur ein Sound, sondern ein Stück Kultur, das aktiv gepflegt werden muss. Ja, wenn man so will, ist es ein familiärer Rückzugs- und Wohlfühlort – egal, wo man sich auf der Welt befindet.

Eure Musik beschreibt ihr mit “MIDEAST BLOOD HARDCORE”. Was steckt hinter diesem Satz?

Louis Wittmann: “MIDEAST BLOOD HARDCORE” ist im Grunde unser eigenes Label für das, was wir machen. Man kann’s ein bisschen mit dem “MIDWEST EMO”-Ding aus den 90ern vergleichen – nur eben auf unsere Region und Szene übertragen. Für uns geht’s nicht nur um die Musik, sondern um den regionalen Aspekt: die Leute, die von Anfang an für uns da waren, uns Shows gebucht haben, uns eine Bühne gegeben haben, uns etwas gekocht haben oder die Musik gefeiert haben. Ohne diesen Rückhalt wären wir heute nicht da, wo wir sind. “MIDEAST BLOOD” steht für ein Kollektiv aus Bands, Promotern und allen, die den Spirit mitleben und weitertragen. Es ist unsere Art zu sagen: Das hier kommt von hier – und wir sind verdammt stolz drauf.

Was oder wer hat euch zum Hardcore gebracht und von wem lasst ihr euch inspirieren – lyrisch und soundtechnisch?

Louis Wittmann: Wir kommen eigentlich alle aus unterschiedlichen Subgenres, aber die Energie des Hardcore hat uns direkt gepackt – vor allem bei Live-Auftritten. Ich denke, dass ich für alle spreche, wenn ich sage, dass wir sofort wussten, dass das etwas für uns ist, als wir um die 2010er-Jahre herum zum ersten Mal auf kleine Shows gegangen sind und kollektiv diese Energie gespürt haben. Soundmäßig haben uns viele US-Bands geprägt: von TERROR und ALL OUT WAR über SOUL SEARCH, MERAUDER und MADBALL war alles dabei, aber auch europäische Acts wie KICKBACK. Lyrisch lasse ich mich ehrlich gesagt gar nicht so sehr vom Hardcore inspirieren. Mir ist wichtig, dass jede Zeile eine persönliche Komponente hat, mit der man sich identifizieren kann, die aber trotzdem künstlerisch funktioniert. Das kann auch mal ganz woanders herkommen: Ein, zwei Songs älterer Platten folgen beispielsweise dem klassischen Muster des Tagelieds aus der mittelalterlichen Lyrik – haha.

Der Titeltrack ‘Blood Is The Price’ bringt ordentlich Punch – und mit Jem Siow (SPEED) einen echten Hochkaräter ans Mikro. Wie kam es zu der Zusammenarbeit – und was bedeutet euch der Song?

Louis Wittmann: Mit SPEED haben wir das erste Mal 2023 zusammengespielt – und der “Vibe” hat sofort geklickt. Es war so eine dieser Shows, auf der man sich eben nicht nur kurz die Hand gibt und es zu keiner Interaktion kommt. Nein, da war kein Zwang, kein Smalltalk-Gewürge, das passte einfach. Seitdem sind David und Patrick immer wieder mit Jem und den anderen in Kontakt, tauschen sich aus, schicken Ideen hin und her. Dass wir irgendwann was zusammen machen würden, stand eigentlich schon länger im Raum. Als ‘Blood Is The Price’ dann Form angenommen hat, war direkt klar: Das ist der Track, auf welchem Jem featuren sollte. Nicht mal 24 Stunden später, als wir das ausgemacht hatten, war es auch schon da – haha. Für uns – oder besser gesagt für mich persönlich – ist es trotzdem völlig surreal, ein Feature mit so einem Hochkaräter zu haben. SPEED sind im Moment eine der Bands, die Hardcore nicht nur in unserer Szene pushen, sondern auch raus in die Welt tragen. Und ganz ehrlich: Daran ist nichts verwerflich. Hardcore darf massentauglich sein, solange die Message klar ist. Am Ende bleibt’s dabei: Hardcore ist der geilste Club der Welt.

Knapp 26 Minuten für 10 Songs – das ist schon kurz, selbst für Hardcore-Alben. War das eine bewusste Entscheidung?

Louis Wittmann: Ja, das stimmt – 26 Minuten für ein Album sind selbst im Hardcore keine Langstrecke. Aber mal ganz ehrlich: In unserem Genre sind Full-Length-Alben ohnehin eher die Ausnahme. Wer kann schon von sich behaupten, ein Album voller “Bretter” schreiben zu können? Wir sehen “Blood Is The Price” daher eher als eine Art “Doppel-EP”, gerade auch, weil wir zwei Songs neu aufgenommen haben und die Promo bereits zwei Songs aus dem Jahr 2024 umfasst. Ergo eine Art 4/6-Release-Muster. Die Entscheidung, es so kurz und knackig zu halten, war demnach vollkommen bewusst. Allerdings sind wir bpm-technisch im Vergleich zu unseren früheren Veröffentlichungen locker zweistellig nach oben gegangen, was man vor allem bei den alten Songs merkt, weil das unser Wohlfühltempo ist. Dieses schnellere, direktere Spiel gibt den Songs genau den Drive, den wir wollten. Es gibt keine Füller, sondern zehn Songs, die dich in einem Rutsch überrollen und dennoch ineinandergreifen.

‘Fear Shapes All’ fällt als längster Song positiv auf – weil er atmen darf und sich entfaltet. Gibt’s da Pläne, zukünftig mehr Raum für solche Tracks zu schaffen oder bleibt’s beim klassischen Abriss-Format?

Louis Wittmann: ‘Fear Shapes All’ ist tatsächlich eher die Ausnahme – und ehrlich gesagt weiß ich gar nicht mehr so genau, was wir damals damit im Sinn hatten – haha. Normalerweise sind wir ja Team “kurz und auf die Fresse”, aber bei dem Song hat’s sich einfach richtig angefühlt, ihm mehr Luft zu lassen. Im Nachhinein feiere ich’s immer noch, wie er sich entfaltet und Spannung aufbaut. Ob wir so was öfter machen? Wahrscheinlich nicht.

Mit Feature-Gästen wie EMELY FINKE (BLOSSOM DECAY) und GREGOR LESKEY (RISK IT) sieht man eure Szeneverbundenheit. Wie wichtig ist euch dieser Community-Gedanke in einer Zeit, in der vieles distanziert geworden ist?

Louis Wittmann: Absolut wichtig! Für uns war von Anfang an klar, dass wir mit Leuten zusammenarbeiten wollen, die wir nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich feiern. RISK IT sind einfach die GOATs, wenn es um europäischen Hardcore geht. Was sie in all den Jahren für die Szene geleistet haben, ist unbezahlbar. Und bei BLOSSOM DECAY bzw. Emy sehen wir eine unglaublich spannende, aufstrebende Kraft im Hardcore-/Metalcore-Bereich. Das ist ein so geiles Projekt, dass wir direkt Lust hatten, etwas gemeinsam zu machen. Gerade jetzt, wo vieles innerhalb der Subkultur und der Musik selbst sehr emotional aufgeladen und gesellschaftlich relevant geworden ist, wollen wir zeigen, dass Hardcore – und vor allem auch unser MEB-Hardcore – lebendig ist und wir zusammenhalten.

Der Track ‘Peace Of Mind’ ist ein Update eures früheren Materials. Was war für euch der Grund, den Song (und einen weiteren) neu aufzulegen – und wie sehr habt ihr euch als Musiker zwischen der ersten EP und heute verändert?

Louis Wittmann: Puh, das ist eine gute Frage. Wir hatten die Idee bereits seit Längerem – wie auch bei dem Song ‘Cut The Rope’ – und haben uns irgendwann entschieden, sie in die Tat umzusetzen. Es hat sich einfach richtig angefühlt, auch nach all den Jahren, da diese beiden Songs unmissverständlich mit unserer Vita verbunden sind. Als Musiker sind wir selbst anspruchsvoller, gewissenhafter und professioneller geworden, vor allem, was den Sound anbelangt. Wir probieren und experimentieren viel, bis alles zu 100 % passt. Das ist kein Vergleich mehr zur ersten EP, als noch alles beispielsweise mit MIDI-Drums und entsprechenden Spuren aufgenommen wurde. Das kann/konnte live niemand so spielen, außer man hat vielleicht vier Hände – haha.

Ihr habt bereits mit TERROR, SPEED und Co. getourt und steht 2025 auf dem SUMMER BREEZE Billing. Was erwartet ihr euch vom Festival – und worauf freut ihr euch persönlich am meisten bei eurem Slot?

Louis Wittmann: Für uns Musiker ist das natürlich ein absoluter Traum. Allein die Chance, am Freitag auf einer so großen Bühne zu stehen, ist riesig. Ein großes Shoutout geht an unseren Distributor Sam von BLOODBLAST, der das überhaupt erst möglich gemacht hat. Wir gehen da nicht mit einem “Versprechen” rein, sondern mit der Einstellung: einfach genießen und alles aufsaugen. Und seien wir ehrlich: Hardcore auf großen Bühnen? Sehr, sehr gerne. Wir spielen dort vor einem komplett anderen Publikum als sonst – und genau das macht es so spannend. Wir haben jedenfalls richtig Bock.

In Deutschland seid ihr Hardcore-Kennern längst ein Begriff – aber wie bewusst ist euch euer Standing in der Szene?

Louis Wittmann: Ich versuche es mal so ehrlich wie möglich: Wir sind schon seit einer ganzen Weile aktiv, haben viel gesehen und erlebt und viele Freundschaften in der Szene geschlossen. Wir wissen, wer wir sind und was wir können. Natürlich ist uns auch bewusst, dass nicht alle die kommerzielle Entwicklung von PEACE OF MIND positiv sehen. Gerade aus dem DIY-Lager kommt manchmal Ablehnung – die Gründe dafür sind verschieden. Ganz ehrlich: Das ist für mich okay. Für viele war Hardcore schon immer auch ein musikalisches Sprungbrett und wir wollen einfach austesten, wie weit die Reise gehen kann. Warum auch nicht? Man hat nur ein Leben, und ich persönlich lasse mir nicht vorschreiben, dass wir zum zehnten Mal das lokale JUZ in der Gemeinde XYZ supporten sollen. Das ist wichtig, keine Frage, aber wir pushen das Ding jetzt, bis es nicht mehr weitergeht. Wer damit ein Problem hat und von sich behauptet, nach all den Jahren auf der Bühne keinen künstlerischen Anspruch an sich selbst stellen zu müssen, bitte sehr. Wir haben jedenfalls niemandem Rechenschaft für unser Handeln abzulegen.

Kriegt ihr mit, wie stark eure Musik international wahrgenommen wird?

Louis Wittmann: Auf jeden Fall! Vor allem unsere Zeit in den USA hat bei uns Spuren hinterlassen. Wir haben versucht, den europäischen Hardcore-Vibe so gut wie möglich zu vermitteln, was ganz gut geklappt hat – denke ich. In den letzten Jahren haben wir eine richtig stabile Gemeinde an Hörern in Australien, Südostasien und in den USA dazugewonnen, was uns extrem motiviert. Und mal ehrlich: Wer weiß schon, was das Jahr 2026 noch bereithält?

Danke dir für deine Zeit – und Respekt für den rohen Sound, den ihr weiterhin so konsequent durchzieht! Gibt’s zum Schluss noch ein paar eigene Worte an alle, die euch supporten, neu entdecken oder euch 2025 live erleben werden?

Louis Wittmann: Danke Tobi! Und vor allem auch danke an jede einzelne Person, die unsere Platte pumpt, uns weiterempfiehlt und den Vibe am Leben hält. European Hardcore on the rise. 100 % MEB – Moshing hard gives you peace of mind.

Interview: Tobias Stahl
Photocredits: Josi Hoffmann, Daniel Priess, Sebastian Weisel