HANIBAL DEATH MACHINE – ÉCLIPSE ANTHROPOCÈNE

HANIBAL DEATH MACHINE

Titel: ÉCLIPSE ANTHOPOCÈNE

Label: Independent

Spieldauer: 34:06 Minuten

Aus dem Süden Frankreichs, aus Okzitanien, stammt dieses Trio. Die Region um Toulouse, Albi und Carcassonne galt schon im Mittelalter als Hort der Ketzerei. Ihr wisst schon, Albigenser und Katharer, die ihren eigenen Blick auf den christlichen Glauben hatten. Vielleicht ist es  darum kein Wunder, dass HANIBAL DEATH MACHINE nicht wirklich Musik für den allgemeinen Geschmack machen.

Bei der Gründung 2014 war die Band noch auf den Spuren des US Industrial Metal unterwegs. Durch personelle Veränderungen und eigene Entwicklung, hat sich der Stil doch stark geweitet. Spuren des Industrial sind immer noch zu finden. Allerdings ohne die meist enthaltene maschinelle Kälte. Dafür sind zu viele andere Klänge im Sound der tödlichen Maschine zu finden. Da klingt Death Metal an. Vor allem in den Vocals, was mich ja oft er- und abschreckt. Hier aber finde ich diese Art Gesang spannend. Auch und gerade weil Jean-Luc Loret oft in einen sonoren Sprechgesang fällt. Das hat etwas böse theatralisches. Und dann die Gitarren. Die wälzen sich doomig-bitter in die Ohren. So macht die Stilbezeichnung Dark Metal, die das Trio sich selbst gibt, richtig Sinn.

Und es ist genau die richtige Musik zu den Texten. Ich gebe zu, mein Französisch ist ziemlich eingerostet. Doch ich verstehe so viel, „Éclipse Anthropocène“ dreht sich um den Status unserer Welt. Wir leben im Anthropozän, dem Zeitalter der Erdgeschichte, das von uns Menschen geprägt ist. Wenn in ein paar Millionen Jahren ein Archäologe oder Geologe im Boden gräbt und unsere Spuren findet, was wird er wohl finden. Spuren von Zerstörung. Plastik, Metallschrott. Strahlender Müll, der in irgendwelchen aufgelassenen Salzbergwerken vor sich hinstrahlt. ´Le Point De Non Retour´, das versteht sicher auch ein Nichtfranzose, ist lang überschritten. Wir sind auf dem Weg zum eigenen Ende. Der ´Planète Bleue´ ist schon lang nicht mehr blau, liegt gefühlt im Todeskampf ´Agonia´. Ich weiß nicht, wie viele letzte Chancen wir noch bekommen, doch ich fürchte die ´Dernière Chance´ ist lang schon vergeben. Und überall gibt es diese ´Stupid´, die den Klimawandel als Verschwörung und Angriff auf ihre Person sehen.

Vielleicht kennt jemand hier die ostdeutsche Band Silly. Die hat mit ´S.O.S.´ schon vor vielen Jahren ein ähnliches Szenario beschrieben. Was HANIBAL DEATH MACHINE hier vorlegt, ist ein noch weit pessimistischerer Blick auf uns Menschen, auf unsere Welt, auf die Zukunft. Sie legen den Finger in die Wunden. Sie drehen ihn noch ein oder zweimal. Um danach noch Salz zu streuen. Das wird sicher nicht jeder gut finden. Und dann von Fake News reden.

Doch ich muss in den letzten Tagen nur aus dem Fenster schauen. Oder in die Zeitung. Oder an den Rhein gehen, der so früh so Niedrigwasser hat wie ich mich nicht erinnern kann. HANIBAL DEATH MACHINE bringen nicht weniger als den Soundtrack zum Weltuntergang.

Mario Wolski vergibt 9 von 10 Punkten