WILLKUER – DREI

WILLKUER

Titel: DREI

Label: Willkuer Records

Spieldauer: 40:46 Minuten

VÖ: 06. Juni 2025

Nachdem ich die ersten beiden Alben der Reutlinger Rocker von WILLKUER besprochen habe und die Band zweimal interviewte möchte ich natürlich auch den neuesten Output “Drei” unter die Lupe nehmen, der bereits am 06. Juni 2025 veröffentlicht wurde. Bevor ich das tue, werfe ich einen Blick zurück auf die beiden ersten Platten.

Über ihr selbstbetiteltes Debütalbum “Willkuer”, dass ich noch auf meinem eigenen Portal “Metal & Me” im Mai 2021 besprochen habe, schrieb ich:

Mit ihrem Debütalbum “Willkuer” haben die Schwaben das geschafft, was sie sich 2018 vorgenommen haben, nämlich außerhalb der regionalen Umgebung ihre Musik zu präsentieren. Die erste Scheibe ist ihnen, meiner Meinung nach, sehr gelungen. Nun wird der ein oder andere sagen, es wären 1-2 Songs „zu viel“ auf der Scheibe. Nö – das passt so wie es ist und hat Platz, um sich zu entwickeln. Das Album macht Spaß und ist abwechslungsreich. Persönlich hätte ich es gerne ein wenig rockiger, aber hey, das ist “Jammern” auf hoher Stufe! Ich werde die sympathischen Jungs und ihre eingängigen Songs in Ohr und Auge behalten.

Punkte gab es nicht, denn ich zog es vor, das ein Artikel auch gelesen und nicht auf die Punkte reduziert wird, doch die Welt strebt nach “Benotung”, deswegen gab es zwei Jahre später – am 10. März 2023 – 8 Punkte für “Zwei” und mein Fazit sah so aus:

“Zwei” ist der angekündigte, meines Erachtens auch streckenweise wütende, Rundumschlag, der kein Blatt vor den Mund nimmt und mit vielen Dingen abrechnet, die in den letzten Jahren passiert sind und die WILLKUER in ihren Songs raushauen wollten und mussten. Natürlich gibt es auch positive Vibes auf “Zwei” wie in ´Heimspiel´ oder emotionale Songs wie ´Die Besten sterben nie´. Musikalisch liefern WILLKUER eine geile Scheibe ab, die härter zuhaut als Mike Tyson wenn er in Topform ist. Satter Gitarrensound, ballernde Drums und Moritz Hermle am Mikro in Topform. Das Debütalbum hätte ich gerne rockiger gehabt, den Wunsch haben die Jungs mir jetzt erfüllt – Dankeschön.

Nun blicke ich auf das dritte Studioalbum von Moritz Hermle (Vocals), Julian Kuder (Gitarre), Florian Söll (Drums), Andreas Weible (Bass) und Tobias Röschl (Gitarre) gespannt, darauf, wie sich die Band 2025 anhört hat und freue mich auf ihren Mix aus Punkrock, Metal und deutschsprachigem Alternative Rock.

Das 11-Track Album startet mit dem kraftvollen Song ‘Adrenalin’, der sowohl Punk als auch Rock in seiner DNA hat und natürlich absolut livetauglich ist. Wer sich die Dynamik des Titels in bewegten Bildern reinziehen möchte, der sollte sich das Video dazu ansehen. Nachdenklich aber keineswegs leise und balladesk ist der Rocker ‘Die Party ist vorbei’, der zudem im Kopf bleibt und definitiv motivierend und aufheiternd wirken kann wenn die Stimmung im Eimer ist – “Mach was du liebst – Lass dich nicht verbiegen”, so isses! Die Anti-Held-Hymne ‘Arschloch mit Herz’ kommt mit lustigem Text und einem Augenzwinkern aus den Boxen, ganz anders liegt der Schwerpunkt beim kritischen ‘Alles hat seinen Preis’, bei dem WILLKUER buchstäblich den Finger in die Wunden der Zeit legen. Nachdenklich startet ‘Ein Mann ein Wort’, eine Hommage an den besten Freund, die beste Freundin. Man darf sich glücklich schätzen, Menschen in seinem Leben zu haben, die ein Versprechen unter Brüdern auch als solches ansehen. ‘Lieb mich’ kommt wohl auch mit einem Augenzwinkern, zumindest möchte ich das so verstehen. Der Track könnte auch als Hymne eines US-Politikers dienen, der an offensichtlichem Größenwahn leidet. Metallisch knallen WILLKUER den Titel ‘Sag’s mir ins Gesicht’ raus, eine Sache, die in Zeiten der sozialen Medien oftmals nicht passiert. Große Fresse im Netz, aber nicht die Eier, um Dinge im realen Leben anzusprechen. Kennt man! Möchte manch einer zu und über ‘Zusammen gegen die Welt’ sagen: “Oh ein typisch deutscher Rocksong, nichts Neues”, sage ich, dass man von diesen Songs, diesen Hymnen an die Freundschaft, nicht genug haben kann, vorausgesetzt sie sind so klasse wie dieser von WILLKUER. Der nächste “bewegungspflichtige” Song ist ‘Alles oder nichts’. Dieser sympathische “Liebesrocksong” muss definitiv live gezockt werden, dürfte auch gerne im Radio gespielt werden als Sommerrocker 2025. Bei ‘Irgendwas ist immer’ werden viele wohl mit dem Kopf nicken, zum einen wegen der Mucke an sich, zum anderen wegen der Lyrik – lasst euch überraschen. Abschließend hauen die Schwaben ‘Heimathafen’ raus, ein gefühlvolles Lied zum Ende von “Drei”, das zum Träumen einlädt und viel Platz zur eigenen Interpretation lässt.

“Drei” ist gefüllt mit Liedern, die man sich gerne und oft anhören kann und möchte. Die Scheibe ist nicht so wütend wie es “Zwei” gewesen ist, trotzdem sprechen WILLKUER Themen an, welche sie selbst und ihre Fans bewegen – alles wäre nicht authentisch und nicht typisch WILLKUER. Mir gefällt die positive Grundstimmung des Albums genauso wie der gesellschaftskritische Anteil und die Ironie in einigen Songs. Möchte man ein Lied als Highlight herausheben so ist es sicher ‘Heimathafen’, aber auch bei ‘Alles oder nichts’, ‘Zusammen gegen die Welt’ oder ‘Sag’s mir ins Gesicht’ drehe ich die Anlage lauter, öffne das Fenster und habe Spaß beim zuhören, mitrocken oder verweile in Gedanken. Für mich ist “Drei” ein gutes Rockalbum in deutscher Sprache, dass sich ein stückweit vom Deutschrock-Einheitsbrei abhebt!

Tobi Stahl vergibt 8 von 10 Punkten